Buy, Hold oder Sell? Eine Entscheidungshilfe

Als aktiver Anleger hat man es echt nicht leicht. Erst bewertet man ein Unternehmen Stunden lang, um sich dann schließlich voller Überzeugung ein paar Aktien ins Depot zu legen.

Doch was dann? Hatte man vorher die Wahl zwischen “kaufen” oder “nichts tun”, so kann man plötzlich wählen zwischen: “nichts tun”, “verkaufen” oder “noch mehr kaufen”.

Da stellt sich doch die Frage: Wann sollte ich mich wie verhalten? Buy, Hold oder Sell? Als Buy-and-Hold-Anleger ist es meistens nicht “Sell”. Aber dazu gleich mehr.

Zunächst einmal sei gesagt, dass ich in diesem Artikel die Annahme treffe, dass eine Aktie bereits gekauft wurde und Du ein aktiver Anleger bist. Für passive Anlageformen wie z.B. ETFs gilt das Nachfolgende nicht oder nur seeehr begrenzt.

Wann lohnt es sich, nachzukaufen?

Ich habe für mich vier Spielregeln definiert, die erfüllt sein müssen, damit ich meine Aktienanteile an einem Unternehmen aufstocke:

  1. Kursrückgang um mindestens 10% oder Veränderung der Bewertungsgrundlage zum positiven.
  2. Meine Bewertungskriterien sind nach wie vor erfüllt.
  3. Ich stufe etwaige Kursrückgänge als Übertreibung ein.
  4. Meine Diversifikation wird durch den Zukauf nicht maßgeblich beeinflusst.

Eigentlich ganz einfach.

Die erste Regel soll mich dazu bringen, auch mal “die Füße still zu halten”. Nur wenn der Kurs deutlich zurückgegangen ist oder ich auf Grund geänderter Fakten meine bisherige Bewertung nach oben hin anpassen muss und somit mehr Spielraum zwischen dem aktuellen und dem erwarteten Kurs ist. Allerdings muss man hier sehr aufpassen. Neue Fakten werden in der Regel schon längst eingepreist sein, da sie eben doch nicht wirklich neu sind.

Besonders wichtig ist Regel 2: Nur weil eine Aktie gerade mal in den Keller gerauscht ist, heißt das noch lange nicht, dass man direkt nachkaufen sollte. Schließlich kann es ja auch valide Gründe für den Kursrückgang geben. Hier gilt: Ich halte solange die Füße still, bis ich für mich ausreichende Klarheit erlangt zu haben.

Wenn ich (Punkt 3) überzeugt davon bin, dass es sich bei dem Kursrutsch mal wieder um eine Übertreibung handelt, könnte es sich um eine gute Gelegenheit handeln, die eigenen Anteile aufzustocken. Dann wird sofort gekauft.

Ach ne… Mist… da ist ja noch Regel 4. Und diese Regel ist völlig unabhängig von der Aktie, dem Unternehmen oder der Mondphase. Diese Regel ist ein harte Abbruchbedingung die immer dann zuschlägt, wenn meine Risikostreuung zu stark unter einem Zukauf leiden würde. Wenn also die Aktie ohnehin schon einen vergleichsweise großen Teil meines Aktiendepots ausmacht, werde ich mich hüten, diesen Posten noch weiter auszubauen.

Eines darf man dabei aber nicht vergessen: Zuzukaufen erhöht immer das Risiko und verringert die Streuung. Daher sollte man sich immer fragen, ob es nicht ein alternatives Investment gibt, das ähnlich gut ist. Schließlich hat man dann eine höherer Streuung und kann auch mit einer anderen Aktie etwaige Verluste ausgleichen.

Fazit: Auch wenn es aus psychologischer Sicht angenehmer ist, Verluste durch eine Aktie A wieder mit Gewinnen aus Aktie A auszugleichen, gibt es dafür keinen rationalen Grund. Da es genug gute Aktien gibt, spricht für mich vieles gegen das Nachkaufen einer Aktie. Einziger Vorteil: Da ich die Aktie eh schon halte beschäftige ich mich vermutlich mehr mit dem Unternehmen dahinter. Daher bedeutet das Aufstocken der Anteile keinen Mehraufwand im Vergleich dazu, mich mit einem neuen Unternehmen beschäftigen zu müssen. Außerdem fallen möglicherweise die Kosten beim Verkauf geringer aus.

Und wann lohnt es sich, zu verkaufen?

Nun, lohnen tut es sich, wenn die Aktie gerade ordentlich im Plus steht. Aber das ist für mich eigentlich kein Grund, meine Anteile abzustoßen. Warum auch, wenn es doch gerade so gut läuft? Als Buy-and-Hold-Anleger meidet man den Verkaufen-Knopf ohnehin wie ein Informatiker das Sonnenlicht. 😉

Ich habe darüber nachgedacht und mir fallen eigentlich nur zwei Gründe ein, die mich dazu bringen könnten, über einen Verkauf nachzudenken:

  1. Ich habe Zweifel am Geschäftsmodell und meine ursprüngliche Bewertung hat sich als unrealistisch erwiesen.
  2. Ich brauche Geld.

Zu Punkt 1: Optimaler Weise passiert sowas nicht. Aber wenn ich doch auf das 10.000-ste Solarunternehmen gesetzt habe und nun feststellen muss, dass es sich dabei um irgendeine Klitsche ohne echte Erfolgsaussichten handelt, dann würde ich verkaufen. Buy-and-Hold ist ja schön und gut, aber lieber nicht bis in die Insolvenz.

Allerdings müsste ich mich dann ernsthaft fragen, warum ich damals investiert habe und was jetzt anders ist. Schließlich ist “Sell” an und für sich für mich in der Regel ein Regelverstoß.

Punkt 2: Das passiert hoffentlich auch nicht. Schließlich habe ich ja extra für solche Fälle ein paar Taler auf dem Tagesgeldkonto. Aber eines ist klar: Bevor ich im Falle eines Falles einen teuren Kredit aufnehme, versuche ich lieber, meinen Bedarf aus eigenen Mitteln zu decken.

Zu guter Letzt: Wann soll ich halten?

(Fast) immer.

Im Idealfall kaufe ich einmal eine Aktie und halte sie für immer. Oder jedenfalls sehr sehr lange. Daher ist “Hold” natürlich der Standardfall.

Und damit gilt: Ich halte immer die Füße still, wenn ich mir nicht sicher bin, meine Diversifikation leiden würde, wenn sich die Aktie einfach nur “normal” entwickelt und vor sich hin schwankt und vor allem: Wenn es noch genug andere Unternehmen gibt, in die ich genau so gut investieren könnte.

Was sind Deine Spielregeln?

Mich interessiert, ob Du Dir auch Regeln für das Nachkaufen bzw. den Umgang mit Aktien in Deinem Depot überlegt hast und wie Du vorgehst.

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