Erfolgreich mit Geld umgehen: Warum du in Lebenszeit und nicht in Geld rechnen solltest.

Lebenszeit ist Geld

Wirklich genießen kann man nur Geld, das man mühsam verdient hat.
Aber wenn man es mühsam verdient, hat man keine Zeit, es zu genießen.

Aldous Huxley, Philosoph und Autor

Überblick für Ungeduldige

In diesem Beitrag erfährst du

  • warum Geld keine gute Recheneinheit ist,
  • warum du besser in Zeit rechnen solltest und
  • wie du deinen Stundenlohn ausrechnest.

Dieser Beitrag kann dir beim Sparen helfen. Du wirst lernen, wie du Ausgaben sinnvoll bewerten und überdenken kannst.

Ein philosophischer Ansatz

Wie viel darf dich deine Wohnung monatlich kosten? Woran machst du das fest?

Daran, was andere für ihre Wohnung zahlen? – Hoffentlich nicht!

Ich wette, dass du danach gehst, wieviel du monatlich verdienst. Ich mache es jedenfalls so. Und wenn wir das tun, denken wir implizit in Lebenszeit und nicht in Geld. Natürlich rechnen wir nicht konkret in Minuten oder Stunden, sondern so π-mal-Daumen aufs Monatsgehalt. Das ist mir viel zu ungenau.

Du glaubst mir nicht? Dann beantworte mir die folgende Frage: Wieviel Geld ist viel Geld. Sind es 50€, sind es 1000€ oder 100.000€? Überleg mal, wie du die Frage als Kind oder Jugendlicher beantwortet hättest. Vermutlich unterscheiden sich die Antworten eines Kindes und eines Erwachsenen enorm.

Wie kommt das? Bereits Albert Einstein wusste, dass Zeit relativ ist. Wenn man dem Volksmund glaubt, so ist Zeit = Geld. Also muss auch Geld relativ sein. Und so ist es natürlich auch.

Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität.

Albert Einstein

Wieviel Geld dir persönlich wert ist, hängt davon ab, wie viel Geld du besitzt und wie hart du dafür schuften musstest.

Das ist auch einer der Gründe, warum Lotto-Gewinner und reiche Gören in der Regel nicht mit Geld umgehen können. Das Geld hat für sie keinen echten Wert. Sie können es nicht richtig wertschätzen. Das liegt daran, dass die Umrechnung von Geld in Zeit überhaupt nicht funktioniert, wenn man das Geld ohne Zeiteinsatz erhält.

Eigentlich rechnen wir immer in Lebenszeit. Wenn wir für den Urlaub oder den Flatscreen sparen, überlegen wir, wie lange wir brauchen, um das nötige Kleingeld zurückzulegen. Dasselbe gilt für das Auto genau wie für andere Konsumgüter.

Umso überraschender ist es für mich, dass viele Menschen ihren echten Stundenlohn nicht kennen.

Kenne deinen Stundenlohn!

Für Selbstständige ist es selbstverständlich, dass sie ihren Stundensatz kennen. Ihren Stundenlohn kennen sie deshalb aber noch lange nicht.

Was ist der Unterschied?

Der Stundensatz ist das, was man den Kunden berechnet. Der Stundenlohn ist das, was man hinterher auf dem Konto hat, geteilt durch die gesamte Zeit, die man dafür arbeiten musste.

Das heißt: Steuern werden schon mal abgezogen. Außerdem wird auf die Zeit noch sämtliche Arbeitszeit gerechnet, die nicht unmittelbar einem Kunden in Rechnung gestellt werden können. Z.B. Fortbildungskosten.

Fixkosten die zum Erhalt der Selbstständigkeit anfallen, müssen ebenfalls vom Stundensatz abgezogen werden. Am Ende kommt ein vergleichsweise kleiner Betrag heraus. Das ist auch der Grund, warum Freelancer zum Teil deutlich mehr als 100€ pro Stunde nehmen.

Angestellte sind dann immer baff, weil das unvorstellbar viel ist. Allerdings vergisst man, dass Selbstständige für ihr Büro und ihre Arbeitsmittel selbst aufkommen müssen. Je nach Branche und Auslastung bleiben teilweise auch “nur” 20-25€ übrig.

Wie ist das nun aber bei Angestellten?

Ganz einfach, denkst du. Nettolohn / Arbeitszeit = Stundensatz. Weit gefehlt, junger Goldfisch! Auch hier zählen Zeit und Kosten, die du aufwenden musst, um deine Arbeit auszuführen, natürlich dazu.

Fährst du jeden Tag eine Stunde zur Arbeit und eine Stunde zurück? Das zählt in dieser Berechnung zur Arbeitszeit. Die Mittagspause eigentlich auch.

Benötigst du ein Bahnticket, um zur Arbeit zu kommen? Das musst du von deinem Nettolohn abziehen.

Es geht also darum, alle Kosten und jeglichen Zeitaufwand, den du ohne deine Arbeit nicht hättest, mit zu berücksichtigen. Hast du das alles zusammengerechnet, kommst du auf deinen echten Stundenlohn.

Ein Beispiel: Du verdienst 2500€ Netto im Monat und hast 30 Tage Urlaub im Jahr. Im Monat gibt es im Schnitt 21 Arbeitstage. Im Schnitt arbeitest du also ((21 x 12) – 30)/12 = 18,5 Tage im Monat.

Angenommen, du arbeitest 8 Stunden am Tag und hast eine Fahrzeit von zwei Stunden und eine Mittagspause von 30 Minuten. Dann beträgt deine Arbeitszeit im Sinne dieser Betrachtung 10,5 Stunden am Tag.

Im Monat sind das dann 18,5 x 10,5 = 194,25 Stunden.

Nehmen wir weiter an, dass deine Fahrkosten zur Arbeit im Monat 100€ ausmachen. Dein echter Nettolohn beträgt dann 2400€ im Monat.

Teile also 2400€ durch die 194,25 Stunden. Dein echter Stundenlohn beträgt dann 2400€ / 194,25 Stunden = 12,36€ pro Stunde.

Zeit ist Geld – Geld ist Zeit

Mit dieser Zahl kannst du nun exakt die Zeit ausrechnen, die du arbeiten musst, um dir etwas leisten zu können.

Ein Beispiel: Dein echter Stundenlohn beträgt 12,36€/Stunde. Deine reine Arbeitszeit, also ohne Pause und Wegzeit, beträgt 8 Stunden täglich. Dann verdienst du 98,88€ am Tag, also knapp 100€.

Angenommen, deine Wohnung kostet dich inkl. Nebenkosten 600€ im Monat. Dann kostet sie dich in Wahrheit 6 Tage im Monat.

Du kannst diese Berechnung nun mit allen Fixkosten und allen einmaligen Kosten durchführen. Einiges mag dich überraschen. Vielleicht bringt es dich auch zum umdenken. In jedem Fall bist du nun nicht mehr von so einer abstrakten Einheit wie Euro abhängig.

Wann immer du nun entscheiden musst, ob etwas teuer oder günstig ist, musst du nur noch die Zeit ausrechnen, die du dafür arbeiten musst.

Die Frage lautet dann: Ist mir der Kauf von Produkt X die Investition von Y Stunden Lebenszeit wert? Wenn ja –> Kaufen, wenn nein –> Wieder Zeit gespart.

Die Vorteile, wenn du in Lebenszeit rechnest

Angenommen, du wechselst deinen Job und verdienst leider weniger, als zuvor. Dann kostet deine Wohnung noch immer 600€. Sie ist eigentlich etwas groß, aber früher konntest du dir das gut leisten. Und: Sie war dir 6 Tage wert. Jetzt kostet sie dich monatlich noch immer 600€, aber 9 Tage. Ist sie dir das noch immer wert?

Du siehst, selbst wenn der Preis für etwas gleich bleibt, kann sich der echte Wert für dich erheblich ändern.

Darüber hinaus ist unsere Lebenszeit eigentlich der einzige Rohstoff, über den wir selbst verfügen können. Und: Wir haben ihn nur in einem begrenzten Maß zur Verfügung.

Geld hingegen ist eigentlich nur ein Gutschein, der eingeführt wurde, weil sich Zeit so schlecht verschenken und verkaufen lässt. Der Wert dieses Gutscheins schwankt. Der Wert deiner Zeit hingegen nicht.

Wenn du ein Produkt kaufen möchtest und dafür Euros hinlegst, interessiert dich doch auch nicht, wieviel das Produkt aktuell in Dollar kostet. So ist es auch mit Zeit und Geld.

Darüber hinaus macht die Betrachtung in der Einheit Zeit auch deutlich, wie schizophren unser Umgang mit Geld teilweise ist. Wir mieten eine noch größere und luxuriösere Wohnung, um dann noch mehr arbeiten zu müssen und im Endeffekt noch weniger Zeit in der Wohnung zu verbringen.

Dieser Aspekt geht komplett verloren, wenn wir direkt in Geld rechnen. Mit dem Umweg über unsere Lebenszeit erfahren wir den echten Wert von etwas und können viel bessere Entscheidungen treffen.

Wenn du die finanzielle Unabhängigkeit anstrebst, dann finde ich diesen Ansatz besonders reizvoll. Denn: Finanzielle Unabhängigkeit ist die Anzahl der Stunden, die du nicht für Geld arbeiten musst. Also geht es bei finanzieller Unabhängigkeit in Wahrheit um Zeit und nicht um Geld.

Die Nachteile, wenn du in Lebenszeit rechnest

Dieses Zeit-gegen-Geld-Gerechne funktioniert nur solange, wie du für Geld arbeiten musst. Wenn du irgendwann steinreich bist und sich dein Geld wie von selbst vermehrt, funktioniert dieser Ansatz vermutlich nicht mehr.

Auch wenn du im Lotto gewinnst, klappt das so nicht mehr.

Ich vermute aber, dass du es in diesen beiden Fällen auch nicht so zwingend nötig hast, Geld in Zeit umzurechnen. Also alles okay soweit.

Ein weiterer “Nachteil” ist, dass du des öfteren mal kritisch nachdenkst, bevor du etwas kaufst. – Kostet doch nur 12€!? Hey, das ist eine Stunde!

Mein Fazit

Für mich ist dieser Ansatz die beste Möglichkeit, Ausgaben sinnvoll zu bewerten. Jedenfalls kenne ich noch keinen besseren. Ich kann viel schneller eine Entscheidung treffen, wenn ich in Zeit rechne.

Okay. In einem Blog über Finanzen davon zu reden, dass Geld so schrecklich abstrakt ist… Gewagt! Aber so ist es nun mal.

Wenn du es noch nicht machst: Probier es aus. Du wirst überrascht sein, wie effektiv das ist und wie es dir auch beim Sparen hilft.

In Zeit zu rechnen hilft dir nicht nur den realen Wert zu sehen, sondern ich habe auch gemerkt, dass mir diese Betrachtung dabei hilft, mehr Arbeit abzugeben. Denn natürlich funktioniert das Ganze auch anders herum: Wenn du beispielsweise für eine Tätigkeit fünf Stunden benötigen würdest, kannst du dir überlegen ob du diese Zeit nicht auch anders besser investieren könntest. Oft kannst du dir diese fünf Stunden deutlich günstiger Einkaufen, als sie bei dir kosten würden. Mit einem Stundensatz von 50€ würde dich die Leistung 250€ kosten, wenn du sie selber erbringst. Du hast also die Wahl, ob du deine Zeit (fünf Stunden) oder das Geld (250€) haben möchtest.

Wenn dein Ziel ist, mehr Zeit zu haben und vielleicht sogar mehr Zeit und Geld, kannst du versuchen, diese Leistung irgendwo für weniger als 250€ zu bekommen. Denn dann kriegst du die fünf Stunden Zeit woanders für günstiger, als bei dir selbst. Und du “sparst” also. Und Gewinn machst du dann, wenn du die gesparte Zeit teuer wieder verkaufst, also zu deinem Satz von 250€.

Nun zu Dir!

Schreibe mir in einem Kommentar deine Meinungen dazu, Ausgaben in Zeit und nicht in Geld zu bewerten!

Bild: Ryan McGuire (gratisography.com)

5 Kommentare

  1. So ähnlich habe ich es in meinem Blog auch beschrieben (http://finanziell-frei-mit-30.de/was-ist-dein-persoenlicher-preis/). Ich finde es ist eine sehr gute Möglichkeit sich vor Augen zu führen, über wie wenig Geld wirklich frei verfügt werden kann.
    Ich habe in meinem Berechnungen daher auch noch die Sozialabgaben herausgerechnet, da diese im Prinzip wie eine zweite Steuer sind und die eigenen Einnahmen weiter senken.

    Erschreckend finde ich, wie wenig Geld besonders bei Geringverdienern nach allen Abzügen noch übrig bleibt und wie sie dann mit ihrem Geld umgehen.
    Einer meiner Wirtschaftsdozenten hat (jedoch in einem anderen Bezug) hat das Beispiel gebracht, dass auch niemand sagt einen Brief zu verschicken kostet kein Geld. Ich muss schließlich nur eine Briefmarke draufmachen. Das gleiche gilt für Geld. Es ist quasi nur ein Tauschmittel und Du bezahlst mit dem, was Du dafür eingetauscht hast. Dies wird bei fast allen Menschen Zeit sein.

    Schöne Grüße
    Dominik

  2. Ich mache mir gerade
    Gedanken über das Sparen. Folgendes: ich helfe Mitmenschen beim Sparen, konkret sparen Sie durch mich mehrere hundert € pro Jahr. Mit welchem Betrag darf ich daran teilhaben? Mein Zeitaufwand beträgt dafür ca. 2-3 Stunden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Prozentual, einen festen Betrag oder eine Kombination aus beiden. Wie seht Ihr das? Ich freue mich über Eure Ideen und Vorschläge.

    1. Hallo Martin,
      das ist eine spannende Frage. Wenn Du einen prozentualen Anteil nehmen würdest, wäre das im Prinzip nicht besser als die ganzen “Berater”, die für ihre Dienste eine Provision verlangen und dann quasi auf Lebenszeit profitieren.

      Aus meiner Sicht ist das fairste immer ein Beratungshonorar. Dann weiß der Betroffene direkt, wieviel er zu zahlen hat. Meine Erfahrung damit ist jedoch, dass viele Menschen so ein Angebot ungern annehmen da sie nicht wissen, ob es sich lohnt.

      Eine Alternative könnte eine Kombination sein: Deine Bezahlung besteht aus den Ersparnissen eines halben Jahres (oder einem anderen Zeitraum). Das hat den Vorteil, dass Du nach Erfolg bezahlt wirst und sich für den “Kunden” das Investment bereits nach einem halben Jahr gelohnt hat. Er geht damit also kein Risiko ein.
      Der Nachteil: Da der “Kunde” kein Risiko eingeht, hat er maximal eine moralische Verpflichtung, sich an den Sparkurs zu halten und nicht in alte Gewohnheiten zu verfallen. Daher könnte es Sinn machen, eine geringe Aufwandsentschädigung zu verlangen (z.B. 50€), einfach damit der “Kunde” mit persönlichem Geld involviert ist und daher die Leistung mehr zu schätzen weiß.

      Mach es doch so: Aufwandsentschädigung (50€) + Ersparnis eines halben Jahres (ggf. auch ein anderer Zeitraum). Du wirst erfolgsbasiert bezahlt und für den Kunden wirkt es nicht kostenlos. Trotzdem profitiert der Kunde bereits nach einem Jahr finanziell von Deiner Leistung.

      Viele Grüße
      Der Finanzfisch

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