Erkenntnisse aus 850km Radfahren in brütender Hitze

Meine Radtour durch Südfrankreich ist nun bereits über ein halbes Jahr her und noch immer zehre ich von den tollen Erfahrungen und Eindrücken. Radfahren ist gewissermaßen eine Art Ganztagsmeditation für Körper und Geist.

Auch ohne Musik und fortwährende Gespräche war es nicht eine Sekunde langweilig. Der Kopf macht sich gewissermaßen selbstständig und denkt über Dinge nach, die sonst im Lärm des Alltags untergehen würden.

Heute möchte ich ein paar dieser Gedanken mit Dir teilen.

1. Positiv denken!

Einige Etappen waren echt anstrengend. Klar: Bei bis zu 52 °C und ohne Schatten, dafür aber mit ordentlichen Steigungen und Gepäck kann man schon mal an seinem Verstand zweifeln.

Und es geht auch mal was schief: Mein Vater hatte insgesamt drei Platten und einen Sturz.

Aber anstatt sich in die negativen Aspekte hinein zu steigern hilft es, sich auf das Positive zu fokussieren. Mit etwas Übung klappt das wirklich bei jeder noch so unangenehmen Sache. Die Situation kann man oft nicht ändern. Aber das Positive daran zu sehen und es mit etwas Leichtigkeit zu nehmen hilft sehr, darüber hinweg zu kommen.

Ein paar Beispiele von der Tour:

  1. 52 °C waren echt nicht angenehm. Aber immerhin hatten wir Sonne und keinen Regen. Diese Tatsache einfach zu akzeptieren machte es gleich viel erträglicher.
  2. Ich ärgerte mich immer über Gegenwind beim Radfahren. Alternativ habe ich mich diesmal einfach über die Abkühlung gefreut.
  3. Schon wieder ein Platten – immerhin ist nix schlimmeres passiert.
  4. Ein nerviges Insekt landet auf der Brille – Immerhin nicht im Auge…
  5. In ein Schwimmbad durften wir nicht rein, weil ich die falsche Badehose an hatte – dann nutzt man die Zeit halt zum Lesen.

Und last but not least musste ich auf der Tour feststellen, dass der Spruch „ab jetzt geht es nur noch bergab“ eigentlich positiv zu betrachten ist. 😉

2. In Etappen denken!

Niemand, der noch ganz bei Trost ist, fährt los um 850km zu fahren. Gleiches gilt für andere Themen wie die finanzielle Freiheit. Wer setzt sich 500k€ als erstes und einziges Ziel? Die meisten von uns setzen sich kleinere Zwischenziele um Erfolge zu haben, die wiederum zum weitermachen motivieren.

Auf der Radtour waren das natürlich die Tagesetappen, aber selbst diese waren meistens zu groß um nicht zu wahnsinnig zu werden. 😉 Auf einer Etappe ging es circa 25km nur steil bergauf. Da tröstet es wenig, dass die Tagesetappe nur 60km lang ist.

Also bricht man die Etappen soweit runter, dass sie machbar werden:

  • Nur noch diese Serpentine, dann machen wir kurz Pause.
  • In 10km holen wir uns eine schöne eiskalte Coke.
  • Da oben machen wir Rast und genießen die Aussicht.

Daraus kann man mitnehmen, dass sich jedes noch so große Problem in kleinere und schaffbare Teile unterteilen lässt. Auch wenn uns eine Herausforderung vielleicht Angst macht, so zerbricht sie häufig in lächerliche Einzelteile, sobald wir anfangen.

3. Beständigkeit zahlt sich aus.

Am Anfang habe ich versucht, die Steigungen möglichst schnell hinter mich zu bringen: Schnapsidee. Wer versucht, längere Herausforderungen mit einem Sprint zu besiegen, liegt schon bald weinend am Straßenrand.

Wer beim Vermögensaufbau auf riskante Spekulation setzt, um möglichst schnell die kritische Masse zu erreichen, findet sich oft auch am Boden wieder.

Beim Radfahren hat es sich bewährt, langsam aber beständig, Umdrehung für Umdrehung, den Berg hochzukurbeln. Und das trifft irgendwie auch auf die Geldanlage zu.

4. Anstrengung macht glücklich!

Auch wenn es manchmal echt hart war, oder gerade deshalb, wurden wir oft in Zustände von Glück und Euphorie versetzt, wenn wir ein Ziel erreicht haben.

Endlich den Camping-Platz erreicht. Was für ein Gefühl! Einfach unbeschreiblich. Noch heute muss ich grinsen, wenn ich daran zurück denke. Hätten wir die Tour mit dem Auto gemacht, wäre das Ereignis „Campingplatz erreicht“ völlig wurscht gewesen.

Nur durch die Anstrengung und die Herausforderung ein Ziel zu erreichen, welches nicht selbstverständlich und einfach ist, wurden wir hinterher mit Glücksgefühlen belohnt. Wir wussten den Erfolg zu schätzen.

Daher ist ein Lottogewinn oder eine Erbschaft auch nicht unbedingt erstrebenswert. Ohne Anstrengung wüsste man den Reichtum nicht richtig wertzuschätzen. Er wäre kein Erfolg, sondern eine Selbstverständlichkeit. Der neue Status Quo. Alles andere wäre enttäuschend.

Trotz dem ganzen Gerede um passive Einkommensquellen bin ich davon überzeugt, dass auch diese nur dann genossen werden können, wenn man aktiv dafür arbeiten musste.

5. Bodenständig bleiben!

Mit Rad und Campingausrüstung zu reisen ist sicherlich eine der günstigsten Möglichkeiten. Man spart Hotelkosten und auch die Reisekosten sind bis auf An- und Abreise bei Null. Darüber hinaus kann man sich, wenn man das möchte, mit einfachen Dingen aus dem Supermarkt prima selbst versorgen.

Gleichzeitig war der Urlaub einer der besten, die ich jemals hatte. Südafrika ebenso, trotz günstigster Unterkünfte. Sicherlich ist ein All-Inclusive-Urlaub im Club-Hotel auch ganz nett. Aber für mich sind die einfachen Dinge jene, die einen Urlaub und das ganze Leben toll und lebenswert machen.

Was brauche ich ein großes luxuriöses Hotelzimmer? Ich bin auf Reisen und will was erleben. Ein Picknick mit einer Auswahl lokaler Lebensmittel aus dem Supermarkt, angerichtet auf dem Boden eines Wald-Campingplatzes steht dem dekadenten 4-Gänge-Menü im Sterne-Restaurant in nichts nach. Klar gönnt man sich letzteres auch mal. Aber dann ist es eben was ganz Besonderes und kein Standard.

Mit Wenig glücklich zu sein und auch die einfachen Dinge wertzuschätzen macht das Leben viel angenehmer, echter und auch günstiger. 😉

Und zu guter Letzt habe ich mir auf Sattel noch die Frage gestellt, ob man mit Mehr glücklicher wird, wenn man es mit Weniger nicht werden kann. Für mich ein klares Nein: Wenn ich nicht gerade um meine Existenz fürchte ist das Glück in der Ferne eine Illusion. Wenn ich mit meinem Fiat Punto nicht glücklich bin, wird der neue BWM es auch nicht richten können. Wenn ich in meinem Leben jetzt nicht zufrieden bin, wird die finanzielle Freiheit genau gar nix daran ändern.

Wir müssen aufhören, die Leere in uns mit Dingen zu stopfen und statt dessen herausfinden, was für uns wahres Glück bedeutet.

Fazit

Verrückt, über was man so nachdenkt, wenn man nix zu tun hat. Alleine deshalb hat sich die Tour schon gelohnt. Sicherlich sind das jetzt keine brandneuen und total tierschürfenden Erkenntnisse, aber mir hat es sehr geholfen, über diese Aspekte einfach mal genauer nachzudenken und mich, ganz bewusst, über diese Gedanken zu freuen.

Ich werde in Zukunft wahrscheinlich öfter mal auf Musik oder Podcasts verzichten. Auch dann, wenn ich ganz alleine unterwegs bin. Unser Geist liefert oft die beste Unterhaltung.

So, genug der Esoterik. Demnächst geht es hier wieder um knallharte, todlangweilige Finanzen. Oder so ähnlich. 😉

Ich hoffe, Dir hat der Artikel gefallen. Schreib mir doch in einem Kommentar, ob Du dir mehr oder weniger Artikel ohne direkten Finanzbezug wünscht.

Hast Du ähnliche Erfahrungen gemacht? – Schreib mir! 🙂

4 Kommentare

  1. Moin Tobias,
    ich fand ja schon deinen Bericht über die Tour super. Deine Erkenntnisse sind auch klasse!

    Schmunzeln musste ich über die Badehosenproblematik! Ich habe über die Hälfte der letzten 15 Jahre in Frankreich gelebt. Aber an “Pornobadehose” und Badekappe will ich mich nicht gewöhnen!!! Da nützen auch die vergleichsweise günstigen Eintrittspreis für die öffentlichen Schwimmbäder nix. Umso mehr freue ich mich über den Pool unserer Residenz. Da geht es auch in Badeshorts und ohne Kappe.
    In die Sauna gehen sie hier mit Schwimmkleidung und nach dem Schwimmen wird nicht nackt geduscht – die Schwimmkleidung bleibt an! Andere Länder, andere Sitten. Aber das Wetter ist hier im Süden einfach besser 🙂

    Gruß
    Vincent

    1. Moin Vincent,
      interessant diese Badeklamotten-Vorschrift. Kennst Du die Gründe dafür? 🙂

      Ja für das Wetter könnte ich mich vermutlich auch an Pornobadehose gewöhnen 🙂

      Beste Grüße
      Tobias

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